Samstag, 26. August 2017

Rezension | "Selkie" von Antonia Neumayer

Heyne | Broschiert | 512 Seiten | 10. April 2017 | 978-3-453-31799-4

"Vielleicht hatte Nile recht. Vielleicht sollten sie nicht mehr Leute als nötig in eine Sache ziehen, die mit Sicherheit nicht jeder von ihnen überleben würde." // Seite 123

Als Kate im Hafen ihrer kleinen Heimatinsel im Orkney-Archipel die drei Fremden das erste Mal sieht, weiß sie, dass es Ärger geben wird. Die Männer sind gekommen, um ihren älteren Bruder Gabe mitzunehmen. Doch wohin und warum, das verraten sie nicht. Und das ist völlig inakzeptabel, findet Kate. Heimlich schleicht sie sich auf den Kutter der Fremden, um Gabe zu retten. Doch dann taucht der geheimnisvolle Ian an Bord auf, ein Schuss fällt. Und plötzlich springt Kate an Ians Seite in die eiskalte Nordsee. Mitten hinein in ein Abenteuer, das alles, was sie bisher über ihre Familie und ihre Inselwelt wusste, ins Wanken bringt…

 
Zugegebenermaßen hatte ich Selkie lange auf meinem SuB liegen lassen, obwohl ich mich auf das Erscheinen des Buches doch sehr gefreut hatte. Allerdings habe ich hin und wieder ein paar weniger gute Rezensionen gelesen und dadurch ein wenig die Lust an dem Buch verloren. Weil ich aber nicht wollte, dass dies meine Meinung zum Debütwerk von Antonia Neumayer beeinflusst, hatte ich mich bewusst dazu entschieden, das Buch erst zu beginnen, wenn mich die "Selkie"-Lust wieder gepackt hatte. Letztlich bin ich sehr froh, dass ich gewartet hatte und mehr oder weniger unbeeinflusst an das 512-Seiten-starke Buch gehen konnte.

Denn die Geschichte hat mir wirklich sehr gut gefallen. Mit den Sagen der Selkie war ich im Vorhinein überhaupt nicht vertraut, weswegen das Buch auch einige Aspekte aufgewiesen hat, die mir vollkommen neu waren und die mich dementsprechend auch ziemlich überrascht hatten. Ich liebe nämlich Robben und die Verwandlung vom Mensch zum Tier fand ich wirklich sehr bewunderswert dargestellt. Insgesamt hat mich die ganze Geschichte sehr fasziniert, seien es die robbenähnlichen Wesen, die Saighdear, die mit allen möglichen Mitteln Jagd auf sie machen, dass sie Gabriel als Rekruten mit in ihren Fort nehmen und Kate ihm nachreist, um hinter ihre Geheimnisse zu kommen und ihn vor dem falschen Einfluss zu beschützen. Mich hat die Geschichte absolut mitgerissen und ich war mit jeder Seite mehr gespannt, was als nächstes passiert. Trotzdem fand ich es ziemlich schade, dass die Geschichte eigentlich erst ab etwa der 150. Seite wirklich richtig losging. Das Vorgeplänkel und die Vorgeschichte waren zwar wirklich dringend notwendig, aber ein bisschen mehr zusammengekürzt hätte mir persönlich besser gefallen und hätte die Geschichte gerade am Anfang auch wesentlich dynamischer erscheinen lassen.

Was mich allerdings mehr gestört hat, war die Charakterausarbeitung und die Gewichtung beim Auftreten der Figuren. Kate, als die Hauptprotagonistin, hat mir wahnsinnig gut gefallen. Sie hat alle Eigenschaften, die ich bei einer Heldin in einem Fantasy-Roman mag. Sie ist klug und clever, manchmal ein bisschen naiv und dazu noch tollpatschig, was sie allerdings mit Einfallsreichtum, Mut und Selbstaufopferung ausgleicht. Kate hat mich auf jeden Fall überzeugt. Allerdings bin ich kein Fan davon – war ich noch nie! – wenn man ein falsches Bild von Charakteren geliefert bekommt. Ich mag es eigentlich viel lieber, wenn ich von Anfang an weiß, wer die falsche Schlange ist, wer der Verräter ist und wer etwas böses im Schilde führt. An dieser Stelle will ich natürlich keinen Namen nenne, um euch die "Überraschung" nicht zu verderben. Ich mochte ihn allerdings sehr gerne, obwohl er immer ein bisschen komisch war. Und trotzdem war die negative Verwandlung für mich dann wiederum nicht überraschend genug ausgearbeitet; ich hatte keinen "WOW! Das hätte ich niemals gedacht"-Moment. Ich bin mir sicher, dass die Autorin das eigentlich besser kann. Dementsprechend hat mich dann auch gestört, dass Kates Love-Interest Ian circa zwei Drittel des Buches überhaupt nicht auftaucht. Ich hatte ja wirklich auf eine schöne, süße Jugend-Romanze gehofft, aber neben den ganzen Kämpfen, Verschwörungen und Rettungsmanöver war dafür leider einfach kein Platz. 

Das Ende hat mich dann allerdings hundertprozentig überzeugt. Ich habe mich wirklich gefreut über die Abschlussszene zwischen Kate und Ian. Die Freude darüber, dass die beiden so wunderbar süß miteinander umgehen, gemischt mit Ians Sorge und seiner Unruhe haben sich absolut auf mich übertragen, so dass ich natürlich sofort nachschauen musste, ob es einen zweiten Teil gibt/geben wird. Diesbezüglich habe ich (noch) keine Informationen gefunden, aber das stimmt mich auch nicht unbedingt traurig, denn ich liebe solche Enden, die im Kopf des Lesers unendlich neue Möglichkeiten und Handlungsverläufe erzeugen. Zwar bleiben noch sehr viele Fragen offen (Was wird aus Alaric? Wo ist Jack auf einmal hin verschwunden? Was wird aus den Selkies? Was wird aus Kate? Hat ihr Vater ihr die Wahrheit erzählt? Was passiert mit Gabriel? Was hat es mit den Halbselkies auf sich?), aber mich persönlich stören solche Enden überhaupt nicht. Ich mache mir gerne Gedanken über alle möglichen Fragen, spinne mir gerne die Geschichte selbst zu Ende, vielleicht auch mit ganz unterschiedlichen Verläufen. Ich liebe es, wenn Autoren ihren Lesern diese Möglichkeiten bieten, ohne am Ende viel zu viel zu verraten oder vorwegzunehmen. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja doch noch ein zweiter Teil? Freuen würde ich mich darüber natürlich auch.

Auch der Schreibstil hat definitiv überzeugt. Für einen Debütroman steckt da meiner Meinung nach schon sehr viel Können dahinter und auch wenn ich recht lange für das Beenden des Buches gebraucht habe, sind die Seiten, wenn ich mal zum Lesen gekommen bin, nur so dahingeflogen. Das ist aber natürlich auch der spannenden Geschichte zu verdanken. Auch das Cover finde ich sehr gelungen, da es viele Details aus der Geschichte enthält und sehr ansprechend gestaltet ist. Auch im Nachhinein würde ich auf jeden Fall wieder zu diesem Buch greifen. Ich bin gespannt, was die Autorin sonst noch auf den Markt bringen wird.

Selkie ist ein schöner Fantasy-Roman, dessen Einführungsphase meiner Meinung nach ein bisschen zu lange gedauert hat, der aber mit der Gesamtgeschichte doch überzeugen konnte. Ian, als männlichen Hauptprotagonisten, hätte ich zwar gerne öfter gesehen, genauso wie eine Romanze zwischen ihm und Kate, allerdings war der Plot rund um die Selkies auch so spannend genug. Einen eventuellen zweiten Teil und/oder weitere Bücher der Autorin werde ich mir auf jeden Fall ansehen, sobald sie erscheinen.

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Vielen Dank an den Heyne Verlag für das Rezensionsexemplar.
Habt ihr Selkie schon gelesen?
Steht es auf eurer Wunschliste?
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

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Das Urheberrecht des Klappentextes unterliegt dem Heyne Verlag.
Das Urheberrecht des Titelbilds unterliegt einzig und allein der Blogredaktion.

2 Kommentare:

  1. Hey Julia,

    es ist schön eine weitere positive Rezension zu Selkie zu lesen. Mir gefiel das Buch auch total gut. Ich fand es - im Gegensatz zu dir - sogar richtig cool, dass man lange nicht erfährt was Sache ist. Ich mag es mit zu rätseln und zu grübeln, gerade deshalb konnte ich das Buch nicht recht aus der Hand legen.

    Liebe Grüße
    Vanny

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    1. Hallo Vanny,

      danke für deinen Kommentar :)
      Das Buch hat definitiv einige schöne Seiten. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass es mir gefallen hat. So viele Seiten können sich ja schnell ziehen wie Kaugummi. :)

      Liebste Grüße
      Julia

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