Meine Mutter und ich waren gestern Abend auf einer Lesung zum Buch "Bühlerhöhe" von Brigitte Glaser (meine Rezension zum Buch könnt ihr hier nachlesen). Es war für mich die dritte Lesung, die ich besucht habe und dementsprechend war ich gespannt, wie sich dieser Abend gestalten würde.
Da die Lesung in einer kleinen Buchhandlung stattgefunden hat, waren nur ungefähr 50 Leute da und die Atmosphäre war ziemlich entspannt. Ich muss sagen, dass ich mich ein wenig unwohl gefühlt habe, weil ich mit Abstand die jüngste Anwesende war, aber das hat sich schnell gegeben. Da die Autorin selbst hier aus der Gegend stammt (und auch ihre Bücher hier spielen lässt), konnte sie rasch eine Verbindung zum Publikum aufbauen und auch teilweise im lokalen Dialekt vorlesen, wenn es zu der Figur im Buch gepasst hat, was dafür gesorgt hat, dass die Atmosphäre gut übermittelt wurde. Auch kleine Witze, beispielsweise über ein hier sehr bekanntes Bier, zündeten natürlich gut, weil jeder der Anwesenden aus der Gegend kommt und weiß, wovon sie schreibt. Das hat mir gut gefallen und war auch mit ein Grund, wieso ich das Buch hatte lesen wollen.
Brigitte Glaser hat insgesamt 5 Textstellen ausgewählt, was ich um ehrlich zu sein ziemlich viel fand, aber die Szenen, die sie vorgelesen hat, haben nicht allzu viel über die Geschichte verraten, sondern eher neugierig auf den Rest gemacht. Gut gefallen hat mir, dass die Autorin jeder Figur eine eigene Stimme gegeben und auch die Gefühlslagen nachgeahmt hat. Auch die kurzen Erläuterungen nach jeder Szene fand ich interessant, da man hier ein paar Hintergrundinformationen bekommen hat. Besonders interessant war für mich aber die Fragerunde, die an die eigentliche Lesung anschloss, da man hier einen guten Einblick in die Arbeit Glasers bekommen hat.
"Bühlerhöhe" ist der erste (historische) Roman der Autorin und sie hat ausgeführt, dass diese Arbeit vor einem historischen Hintergrund für sie eine große Herausforderung war, da sie zuvor hauptsächlich Regionalkrimis geschrieben hat. Mit Hilfe eines befreundeten Journalisten dauerten ihre Recherchen etwa ein halbes Jahr und sie hat auch erklärt, dass sie sich viel Wissen angeeignet hat, dass sie für ihren Roman gar nicht benutzt hat, da sie wollte, dass ihre drei Protagonistinnen und ihre Schicksale im Vordergrund stehen und nicht die historischen Fakten und Daten. Auch wieso nur Frauen eine Perspektive bekommen, hat sie erwähnt - sie wollte den Frauen aus der damaligen Zeit quasi im Rückblick eine Stimme geben, da sie ihnen in der Nachkriegszeit oft verweigert wurde.
Eine weitere große Herausforderung war die jüdische Protagonistin, Rosa. Glaser wollte eine deutsche Jüdin für die Geschichte benutzen (und sie meinte auch, dass die Geschichte ohne sie so nicht funktioniert hätte), aber kein Holocaust-Opfer. Sie war unsicher, ob sie einer solchen Figur gerecht werden könnte und hat uns dann über ihren Recherche-Prozess und die anfänglichen Entwicklungen der Geschichte erzählt, was auf jeden Fall sehr interessant war, vor allem in Bezug auf die historischen Hintergründe (hättet ihr gewusst, dass Juden, die nach Palästina ausgewandert sind, erst auf 'Trainings-Bauernhöfen' lernen mussten, wie man Ackerbau betreibt?).
Schön fand ich auch eine Anekdote, die sie erzählt hat - sie hatte vor ein paar Wochen eine Lesung in dem Haus, in dem Adenauer lebte, und wurde dort in Bezug auf eine Szene im Buch, in der Adenauer früh morgens schwimmen geht, korrigiert; man habe ihr die Szene aber verziehen, da sie gut zum Charakter des Kanzlers gepasst hätte.
Nach der Fragerunde gab es noch die Gelegenheit, sich das Buch signieren zu lassen, was ich natürlich getan habe :) Insgesamt war die Lesung sehr interessant und es hat sich auf jeden Fall gelohnt.
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